Dunkelkammergarn – der Storytelling-Workshop in Schmilka

Lange schon ist er gebucht – der Darkroomyarn-Workshop mit Juliana und Simone. Die Vorfreude ist riesig: Vorfreude auf ein paar Tage gemeinsam mit unglaublich talentierten Menschen, Vorfreude auf Zeit nur für mich, Vorfreude aufs Fotografieren und Geschichten erzählen.

Und wie das oft so ist – bei zuviel Vorfreude machen mir Tochter und Sohn einen Strich durch die Rechnung: der grippale Infekt schlägt zu, so richtig, bei beiden. Nicht zum Workshop zu fahren ist aber keine Option! Also schnüre ich ein Care-Paket aus Obst, Medikamenten und detaillierten Anweisungen für den Papa und mache mich auf den Weg nach Schmilka. Nicht ganz ohne schlechtes Gewissen…

In Schmilka begrüßen mich Juliana und Simone, ich beziehe das Zimmer und stelle fest, dass es hier weder WLAN noch 3G gibt. Statt Instagram, Facebook und Mails zu checken gehe ich an der Elbe spazieren. Tief durchatmen, die Stille und das Alleinsein genießen, Details entdecken und fotografieren. Ich komme zur Ruhe.

Abends lernen wir uns beim Essen alle (neu) kennen, erfüllen das Restaurant mit viel Gelächter und verwirren sowohl Kellner als auch Gäste mit dubiosen Hochzeitsgeschichten. Herrlich.

Samstag. In Julianas und Simones gemütlichem Zimmer starten wir mit viel Kaffee direkt in den Workshop: jeder erzählt eine Geschichte über sich selbst und den besonderen Gegenstand, der zum Workshop mitgebracht werden sollte. Bergkristall, Keramikengel, Playmobil-Batman, Aufsatz einer Haarschneidemaschine – so vielfältig wie die Gegenstände sind auch unsere Erzählungen. Simone bringt das Ganze dann in eine Struktur: was macht Geschichten aus und wozu brauchen wir sie überhaupt? Wie erzählt man eine Geschichte zu einem Bild, über das man nichts weiß? Und wie wird man zu einem Dreieck? Phantasie ist gefragt und in der ersten praktischen Übung entstehen eindrucksvolle, bewegende und ganz unterschiedliche Geschichten.

Unsere Köpfe rauchen nach so viel Input und Kreativität. Das muss verarbeitet werden bei gutem Essen, dubiosen Geldwäschegeschäften in Tschechien und Alkoholkauf an der Tankstelle. Bis spät in die Nacht steppt der Bär im Hotelzimmer, Zeitlöcher tun sich auf und Geschichten werden gesponnen.

Nach noch mehr Input am Sonntag durch Juliana gibt es wieder eine praktische Aufgabenstellung für uns: streift mit euerm ausgelosten Partner durch die nähere Umgebung, erzählt euch Geschichten aus euerm Leben und – wie sollte es anders sein – fotografiert euch dabei gegenseitig.

Till und ich ziehen los in Richtung Sandsteinfelsen, sprechen über unsere zu früh verstorbenen Väter, über Ängste und entdecken Eigenschaften, die der andere an sich selbst gar nicht so deutlich wahrnimmt. Und diese Geschichten stecken dann in den Bildern.

Als wir zurück sind, uns mit Kakao und überdimensionierten Kuchenstücken gestärkt haben, staunen wir über die kraftvollen, intensiven Bilder, die in so kurzer Zeit entstanden sind. Bilder, die uns noch ganz andere Facetten voneinander zeigen. Bilder, die Geschichten erzählen.

Keiner will es so richtig wahrhaben, es schwingt ein wenig Traurigkeit mit am Montag, unserem Abreisetag. Der Abschied nach einer Klassenfahrt. Wir legen noch kurz den Schmilkaer Straßenverkehr lahm, um uns im DRYeck liegend von Tims Drohne fotografieren zu lassen (Gruppenbilder im Stehen kann ja jeder).

Dann brechen wir alle in die unterschiedlichsten Richtungen auf. Nach Hause. Jeder mit vielen Geschichten im Gepäck.